Unorte
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Unorte in Luzern

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Beitrag  Nauraa Sa Nov 03, 2012 12:22 pm

Also doch

Auf so einer Bank sitzen Menschen, um auf den Bus zu warten. Die Sonne scheint und es ist warm. Das einzig schöne an diesem Novembermittag, denkt Larissa. Der Bus hält, sie steigt nicht ein. Ein Dunkelhäutiger bleibt ebenfalls sitzen. Sie betrachtet ihn in der Scheibe, des vor ihr stehenden Buses. Blickt er sie etwa an? Sie will mit niemandem sprechen und erst recht nicht mit dem. Einer der keine Arbeit hat oder gar ein Asylsuchender. Der Mann mit dem kurzen krausen Haar hält ein Heftchen in der Hand. Er liest nicht. Wahrscheinlich kann er es nicht, oder zumindest nicht auf Deutsch. Sie atmet hörbar aus. Roland hätte ihre Gedanken nicht hören wollen. „Du vereinfachst die Dinge, um sie zu verstehen. In Wahrheit sind sie doch viel komplexer.“ In Wahrheit ist dieser junge Mann einer, der es noch weit bringen wird. „Haben Sie vielleicht ein wenig Münz?“ Larissa blickt in das fragende Gesicht einer etwa 40jährigen Frau mit kurzen spröden Haaren. Sie schüttelt leicht den Kopf. Die Frau blickt sie noch immer an. „Um zu essen, durch den Tag.“ Drogen will Larissa ihr nicht finanzieren. Rolands Bruder hatte ein Drogenproblem. Der Bus fährt los. Der Dunkelhäutige bleibt sitzen. Ein Mann mit weissem Haar, vielleicht 60 oder auch erst 50 Jahre alt, setzt sich zu ihm, scheint ihn zu kennen. Schön, dass dieser Schwarze Kontakt zu Einheimischen hat. Der Weisse drückt ihm etwas in die Hand, entfernt sich. Der Afrikaner steht auf, geht umher und setzt sich wieder. Auf dieselbe Bank, auf einen anderen Platz. Ein Dealer, also doch.


Achtung bissig!

Ein Schiff ist ein bewegender Ort. Menschen suchen ihn auf. Innerlich sind sie unbeweglich. Vielleicht gibt er ihnen das Gefühl in Bewegung zu sein.
Ein Schiff ist auch ein einladender Ort. Vor allem unter der Woche im Spätherbst. Denn dann ist es nicht so überfüllt wie sonst. Das hätten Sie auch gedacht, oder? Der einzig freie Tisch, den ich ergattere ist der Kindertisch. Vor mir so etwas wie eine Plastiktastatur und ein grünes Krokodil, so eines, bei dem man die Zähne runterdrücken kann. Man weiss nie, wann es zubeisst. Um mich herum ein kaffeetrinkendes Gemisch aus Rentnern und Touristen. Jetzt spielt ein Kind mit dem Krokodil. Ich gebe den Platz frei.


Unort: Warteschlange für Schiffsrundfahrt auf dem Vierwaldstättersee

A: „Ihr Englisch ist gut. Sie haben es doch nicht in Indien gelernt?“
A: „Ich machte einen Witz. Entschuldigen Sie meine Stimme. Ich bin schon alt, 78.“
A: „Entschuldigen Sie, wenn ich zu viel spreche.“
B: „Kein Problem.“
A: „Wie alt sind Sie?“
B: „25.“
A: „Zwanzig? Als ich zwanzig war, fuhr ich mit dem Motorrad nach England. Meine Mutter hatte Angst um mich. Ich arbeitete für eine kleine Firma, brachte dem Chef den Tee, wissen Sie, teatime, oder reparierte das eine oder andere. “
B: „Das erste Mal alleine fort von zu Hause...“
A: „Ich gehe auch jetzt noch fort, auch in der Schweiz. Meine Tochter ist Pharmazeutin. Sie reiste für ein Jahr nach Kalkutta. Sie war auch schon in Afrika, um zu helfen. Sie hat ein gutes Herz. Meine Frau besuchte sie in Kalkutta. Ich wollte nicht mit, das war dann doch nichts für mich.“


Unorte?

Räume die keine sein sollten. Gibt es auch in meinem Kopf. Die Türen öffnen sich von alleine. Ich stosse sie zu.

Nauraa
Gast


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Beitrag  Madamme Sa Nov 03, 2012 5:15 pm

Loblied aufs stille Unörtchen

Eine Toilette ist ein klassischer Unort. Auch wenn man sich Mühe gibt, diesen Raum zu gestalten. Alle Toiletten dienen demselben unanständigen Zweck. Ich gehe mit grummeldem Magen durch Luzern. Unort hin oder her, ich muss. Als ich das Restaurant Drei Könige betrete, sehe ich das Schildchen, nahe. Beinahe erreichbar. Anstandshalber setze ich mich erst an ein Tischchen. Ich werde einen Tee bestellen. Ich möchte aber keinen Tee. Ich will bloss geradeaus. Die Wirtin aber lächelt. „Das Restaurant schliesst um 5 Uhr, die Bar daneben hat länger geöffnet.“ Ich trete durch die verwiesene Tür. Mein Wunschörtchen entfernt sich. Die Bar ist schummrig und rauchig. Plötzlich muss ich nicht mehr. Ich trete hinaus auf die Strasse. Da ist es wieder, das Ziehen in meinem Bauch. Ich gehe weiter, denke nur noch an DEN Ort. Weit vor mir erblicke ich das Schild des Bistros Meile. Am Zielort trete ich ein, jedoch nicht ins Café, sondern sogleich in den untersten Stock. Dort befinden sich, was wohl? Die Toiletten natürlich! Als ich mich setze, weiss ich, dass ER es ist. An keinem anderen Ort möchte ich jetzt lieber sein. Ein schöner, guter Ort. Darauf mein Wort.

Madamme

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