Unorte verworten

Die Strasse, auf der immer alles in Bewegung ist
Die SAL am Morgen, wenn noch niemand da ist
Der Bahnhof, nicht nur wenn man nicht lesen kann
Tokio, zumindest wenn man nicht japanisch kann
Das World Wide Web
Mein Computer
Der Zug, der mich von Ort zu Ort bringt
Das Büro am Wochenende
Das Dorf bei Stromausfall
Die Stadt auf dem Nachhauseweg nach durchgemachter Nacht
Die Worte zwischen den Zeilen
Der Himmel vom Flugzeug aus
Mein Kopf
Ein Lied, das einen davonträgt
Die Erinnerung, die man mit niemandem teilen kann
Die Zeit, in die man flüchtet
Die Namib und der Haleakala
Die unkontrollierbaren Gedanken
Mein Bauch
Die Toilette
Die Meerestiefe
Die Ewig- und Unendlichkeit
Die Sterne, die schon lange nicht mehr sind
Der Ort im Wort

Zwischen Walvis und Lüderitz, eine Landschaft, die 80 Millionen Jahre auf dem Buckel hat...?
Big Daddy, die grösset Düne der Welt und eine Walwetschie (Welwotschia mirabilis) im Sand...?
Ist das Dein Namib?
Und der Haleakala....?
Erinnerung, sprich.

Namib, die älteste Wüste der Welt, vielleicht die Wiege des Menschen, wer weiss,
vielleicht auch nur ein Unwort für einen Unort.
Doch schön ist sie, die orangefarbene Dünenlandschaft, nicht nur in der Erinnerung.
Ebenso wie die Mondlandschaft auf dem Haleakala, dem nicht mehr aktiven Schildvulkan auf Maui,
über drei Viertel der Insel gehören ihm.

Und weiter, der Haleakala?

Viel weiter als auf den Haleakala kann man nicht mehr. Ausser man würde über das Wolkenmeer laufen, das sich erst vor einem ausbreitet, dann vor einem auftut, so dass man versucht ist, einfach loszulaufen.
Weiter wird schwierig, aber höher geht, auf den Mauna Kea auf Big Island. Die Luft ist dünn dort oben, auf 4205 Metern über Meer.
Ein Unort, nur schon diese Höhe.
Was hat es zu bedeuten, dass mir der Computer, das Forum, das automatisierte Rechtschreibprogramm oder was auch immer aus Unort immer Unart macht?
Es ist eine Unart, einfach so mit dem Auto auf diese Höhe zu fahren. Wird wohl mein einziger Viertausender bleiben.
Und unwirklich ist es. Nach Schnee zu greifen, während man ein paar Stunden vorher im seichten Wasser mit Clownfischen über Korallentäler gegleitet ist.
Nur unmöglich ist es nicht.

Wie oben so unten, Big Magma?

Ich würde ja gern ein Bild raufladen, von der Namib im Morgennebel, von der Aussicht vom Haleakala mit Wolkenmeer, von the Top of Mauna Kea mit einer Ahnung von Schnee, aber auch wenn ich dafür unter Madame eingeloggt war und sogar so weit gekommen bin, dass ich eine Datei auswählen konnte - es sendet sie nicht.

Ich bleibe also beim Text ... Bis später.

Ich zappe von Unort zu Ort
von Untod zu Mord
lande mit Caotina auf Wolke 7
löse einmal hin und zurück
bleibe an der Spitze des Eiffelturms hängen
falle in leere Versprechungen rein
finde Zuflucht auf dem Olymp
drücke Rec und bin am Speicherort

Ich bin live dabei
und das ganz allein
ich lache mit und freue mich
reise mit dem Kamerablick
tauche ein in Fantasy
Science Fiction holt mich in die Wirklichkeit zurück
ich verschwinde im Underground
überspringe Reality Soaps
klemme Spiele ab, noch bevor sie angepfiffen sind
drücke Stop und bin wieder fort von dort an Ort

Ich bin vor dem Bildschirm, hinter dem Bildschirm, im Bildschirm
schlüpfe in Rollen und bin ganz bei mir
schicke einen Aviatar los
lasse ihn spuren, sich vernetzen
kommunizieren
denken, lesen, lenken
wenden, schreiben, spielen
ich lasse ihn ziehen und
schreibspielen

Aussicht vom Haleakala, Maui, Hawaii, etwas über 3000 Metern



Mauna Kea, Big Island, Hawaii, 4205 Meter über Meer, mit Schnee und Wolkenmeer



Auf dem Weg nach Sossusvlei in der Namib, Namibia