Rote Wände, braunes Kunstlede...

Wir gehen weiter, in ein Quartier nahe der Langstrasse, wo wir aber noch nie waren. Wir kehren ein und kommen in eine helle Halle mit grossen Fenstern und weiss gedeckten Tischen.

Wie schön muss ein Ort sein, dass man für ein Glas Wein soviel bezahlt wie in der Sonne für eine Prostituierte?
In Caduffs Weinloft kostet ein Deziliter 30 Franken. Jamila bestellt einen 'De Toren Z' und ich einen 'Virna Barolo'. Hier wird Wein behandelt wie Gold.
Der nette Kellner gefällt Jamila gleich so gut, dass die ihm ausplaudert, dass wir an einen Unort sollen. WTF? Kannst ihm ja gleich sagen, dass wir gerne rausgeschmissen werden sollen. Aber er lächelt nur, sagt, soso, und lässt mich den Barolo probieren. „Der hat eine leichte Säure.“, sagt der Kellner, der, wie ich glaube, Beat Caduff persöndlich ist. Er ist wirklich leicht sauer. Irgendwie schmeckt er wie ein Vino del Tavolo – die Flasche acht Franken. Entweder habe ich keine Ahnung von guten Weine oder Caduff hat mich gerade mächtig veräppelt.
Denoch mag ich den Wein sehr gut.

PS: Martin, können wir dir die Spesen verrechnen? Danke!

Ich glaubs nicht! Nicht genug, dass Jamila laut in den Saal schreibt, dass sie gerade an einem Unort ist, jetzt schäckert sie auch noch mit dem Kellner, welchen ich noch immer für Beat Caduff halte, wärendem er ihr eine Steckdose zeigt, um ihr Handy aufzuladen.

Auf der Toilette hat es Handtücher. Handtücher aus Stoff, welche man nach der Benutzung in den Mülleimer wirft.

Wein, Wein, Wein. Oh Wein.
Bist so lecker und so fein!
Wein,
mein Herz ist dein.
Wenn du nicht so teuer wärest,
so würd ich dich schon längst geleert haben,
liebstes Glas Wein.


Wirklich ein netter Kellner! Man könne hier auch Weinverkostungen im Weinkeller haben, erzählt er mir. Welch herrlicher Ort das hier doch ist! So herrlich, dass es ein Unort ist. Denn ich warte jede Sekunde auf das Erwachen. Sicher träume ich nur und liege eigentlich mit dem Kopf auf dem Thresen der "Sonne".
Da wurden wir fast rausgeschmissen: Urplötzlich war es rammelvol dort. Der Markt wuchs. Es kam immer mehr Angebot. Aber kaum noch Nachfrage. Denke mal, wir mussten deshalb gehen. Und vielleicht weil wir zu laut über Blowjobpreise philosophiert haben.

Seltsam.

Würde ich Hemd und Krawatte tragen, würde ich mich hier wohl fühlen, wäre das kein Unort.
Hätte ich in der Sonne während eines harten Arbeitstag auf der Baustelle das 500 Gramm Cordon Bleue gegessen, wäre das auch kein Unort gewesen.
Und wäre ich im Lugano betrunken gewesen, müde von einer durchzechten Nacht, ich hätte nicht an Unort gedacht.

Langsam habe ich das Gefühl, dass diese Orte gar keine Unorte sind - sondern ich nur ein Un-Gast.

Ein vermögender Gourmand ist in der Caduffs Weinloft ein Gast.
Ein kontaktfreudiger Freier ist in der Sonne ein Gast.
Ein ergrauter Alkoholiker ist im Lugano ein Gast.

Was hat also ein Ungast für ein Recht über Orte zu urteilen...

14.31
Der Spiesser dort drüben im gestreiften Hemd scheint sich an uns zu stören oder zumindest neugierig zu sein, wenn wir sprechen, in den Computer tippen und dabei unsere Blicke durch den Saal schweifen lassen.
„Wissen Sie ob der Herr Caduff noch hier ist?“, fragt er uns.
Wir sagen ihm, wir denken schon, er soll mal an der Bar nachfragen. Das tut er auch, aber der neue Kellner sagt, der Herr Caduff sei nun nicht mehr da.
Ha! WIR wurden noch von Caduff persönlich bedient und dieses Streifenhörnchen hier wird abserviert. Wer ist nun der Ungast?

14.40
Ach, das war gar kein neuer Kellner. Das ist noch immer derselbe wie vorhin. Und das war nicht der Herr Caduff. Nie wurden wir vom echten Caduff bedient. Wie traurig.

Der Wein lässt mich nun philosophisch werden....

Ein Unort.
Ein Ort des Un.
Un-verbesserlich, un-glaublich, un-greifbar, un-verständlich, un-bezahlbar, un-geniessbar, un-un-un....d nun?
Wie komme ich an einen solchen Ort und was will ich dort?
Tut er mir gut? Oder nimmt er Mut?
Sollte ich auf der Hut sein, ja NICHT an einen Ort des Un zu geraten?
Sollte das Un wirklich vor dem Ort stehen oder eher andersrum?
Ortun. Des Tun.Fischs o(h)r.

J: Oh, kann man mit diesem Zündholzschachtel-Turm Jenga spielen?
D: Tus nicht!
J: Da könnte ich diese Schachtel rausziehen.
D: Tus nicht!
Kellner: Versuchen Sie es ruhig. Die bringen sie nicht raus.
D: Tus nicht!
J; Herr Kellner, muss ich das aufräumen, wenn es umfällt?
D: Tus nicht!
J: Schau an, die kommt ja raus...

Den Rest könnt ihr euch denken...

Achja, wir sind noch immer in diesem unheimlich edlen Wein-Loft.

15:25, die Redaktion ist wieder online und bewundert die spesige Freude einiger Litschis.
Wo ist Caduff?

Die Handtücher auf dem Klo beeindrucken mich nicht halb so sehr, wie die gut riechende Seife mit passender Handcreme. Natürlich creme ich nicht nur meine Hände, sondern auch Dekoltéeee, Arme, Bauch und Rücken ein. Eben jede Körperstelle, die halbwegs einfach ohne das ausziehen von Klamotten erreichbar ist. Zum Abschied packe ich noch ein Handtuch ein (war sicher im Weinpreis inbegriffen...).

Jamila riecht wie ein scheiss Lavendelkissen.

@Redaktio: Der ist an einem Unort, den wir nicht kennen?

Aschenbecher und Pfeffermühlen einsacken. Wenns mal bisschen teuer war.

Kleiner Nachtrag für's Caduffs:
Als wir gehen wollte, fragt Jamila den Kellner (in welchen sie wohl etwas verknallt war), ob sie den Weinkeller besichtigen könne. Ich ging auch mit, natürlich. Ich wollte auch Caduffs Weinkeller sehen.
Dort hatte es Unmengen von Flaschen im Wert zwischen 100 und 3000 Franken. Das es das gibt - im Zürcher Kreis Vier - hät ich es nicht gesehen, hätte ich gesagt, solche Orte existieren nicht.

Der war doch eindeutig schwul, der Kellner!!

Zum Weinkeller:
Wir haben es geschafft Dave! Wir waren an einem wahrhaftigen Unort. (Einem, den ich nächste Woche ausrauben werde....)

Und ich gebs ja zu, der Kellner hat mich um den Finger gewickelt. Doch es waren nicht sein durchtrainierter Körper und sein niemals endendes Lachen, die mir das Herz erweicht haben, es war die Unantastbarkeit. Das Wissen, ihn niemals haben zu können hat mich ins Schwärmen gebracht. Ein Hoch auf schwule Männer! Dank euch haben wir Frauen noch etwas zum Träumen.......

Das ist Jamila bei Caduffs gestern...


Und jetzt kam auch ich langsam hinter das Geheimnis des Bilderhochladens...

Und hier noch ein Bild aus der Lugano gestern morgen