Unorte
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Auf der Mauer

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Beitrag  Lauer Fr Nov 02, 2012 10:42 am

Bin auf einem Mäuerchen gestrandet. Eine Mäuerchen, eine Abgrenzung, ein Zwischending. Nicht drin, nicht draussen, nicht ganz privat, nicht ganz öffentlich, 60 Zentimeter Niemandsland. Ich erinnere mich an den Konflikt der Hans-Insel, vor einigen Jahren. Ein unbewohnter, vegetationsloser Klumpen Stein im Nordpolarmeer, der sowohl von Kanada, als auch von Grönland und Dänemark beansprucht wurde. Mittlerweile wurde die Souveränität aufgeteilt und dennoch bleibt es ein Unort, nicht ganz dies, nicht ganz jenes. In Partnergemeinschaften werden in der Regel Konkubinatsverträge erstellt, die Lampe gehört mir, die Schallplatte dir, diese Hälfte vom Bett mir, diese Hälfte vom Flur dir. "Um es uns zu vereinfachen, ich pinsle eine weisse Trennlinie durch unsere ganze Habe. Sie zieht sich über die Stapel von Tellern, quer über den TV, die Stereoanlage und die schwarze Katze." Die eigentliche Geburtsstunde von Pepé le Pew, dem Stinktier. Auch Stinktiere verströmen Unorte, wie Kläranlagen und .. Fürze. Hier, auf meinem Mäuerchen, riech ich höchstens Abgase. Das ist erträglich. Aber der weisse Strich, der sich über die Mauer, über meinen Rücken, über den Kopf, das Gesicht bis hin über Brust und Bauch zieht, und mich somit in zwei Hälften teilt, macht meiner Souveränität zu schaffen.

Lauer
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Beitrag  Redaktio Fr Nov 02, 2012 12:10 pm

Go, where you've never been.

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Auf der Mauer Empty Re: Auf der Mauer

Beitrag  Jamy Fr Nov 02, 2012 8:45 pm

Dein Text hat mich sehr beeindruckt, Laurer! Danke für das Bild.... (;

Jamy
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Beitrag  Lauer Sa Nov 03, 2012 2:02 am

Ein gutes Glas Whisky. Single Malt natürlich, zum Modegetränk verkommen, überall erhältlich - Glenmorangie oder vielleicht auch ein Lagavulin? Heute nicht. Die Bedienung, eine Dragonerin mit breiten Hüften - ich nannte sie Hilde. Hilde alphabetisierte mit wackelndem Kopf. Schweigende Kommunikation. Zweimal nicken = Ja. 45° Schieflage nach links = Ich weiss nicht. "65.40", verliess ihre Lippen mühelos. Taler, Taler, du musst wandern, durch die Nacht. Wir sassen unter dem Schärmen auf der Hafenmauer, der Regen hatte eingesetzt und mit der Feuchtigkeit die Kälte. Der See löste sich auf. Plötzlich war er weg! Nur noch flirrend beleuchtete Gestade um ein schwarzes unergründliches Loch. Wer hat ihn aus der Landschaft geschnitten?! Hätte ich meinen Fuss in dieses Nichts getaucht, er wär verschwunden. Es hätte mich in die Tiefe gezogen mit Krakenhänden und durchgekaut. Jetzt suche ich das Bett. Es.. ist hier irgendwo, wartet in der Finsternis durch zwei geteilt.

Lauer
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Beitrag  Lauer Sa Nov 03, 2012 10:09 am

..in Sünikon. Es scheint dewegen nicht zwangsläufig die Sonne, wie auf toskanischem, aquarellblauem Grund. Aber, selbst in der Kargheit des Winters und der angeschlagenen Silbermünze, die verloren zwischen den Wolken hängt, Sünikon hat mit seinen krähenbesähten Feldern, eingebettet zwischen den Lägern und der Egg, den Charme von südlichen Weingefilden. Hinter dem Bahnhof Steinmauer, zur Rechten, die Nachlässigkeit der Zivililsation, die Wildheit von Stachelschwein-Hängen, zur Linken Industrie, schweizerische Pünktlichkeit, gut strukturierte, effiziente Betonblöcke mit grosszügigen Parkplätzen. Sünikon hat keinen eigenen Bahnhof. Es ist wohl zu klein. Die Schilder: Übertreten der Geleise verboten, werden hier übersehen. Jeder, der nach Sünikon will, marschiert über die Schienen und quetscht sich durch die ausgetrampte Hecke, um dem geteerten Weg zu folgen, der über einen Hügel, dem Dorf zuführt. Auf jener Anhöhe wird es sichtbar, verschlafen, bäuerlich, ein bisschen vergessen, gequält mit modernen Blöcken und der Hauptstrasse, die von Zürich Richtung Koblenz führt. Man braust hier durch, mit 80, mit 60km/h. Unterhalb des Dorfes ein sanfter Pinselschwung der Topographie. Kahle Bäume um den Mühliweiher, tiefgrüne, fast schwarze Wälder Säumen die Hügelkuppen und links oben, auf den Ausläufern des letzten jurassischen Gebirgsausläufer, thront das Städtchen Regensberg, mit seinem Turm. Von hier unten sieht es aus, wie es vermutlich vor 800 Jahren ausgesehen haben muss. Es ist eine andere Welt.

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Beitrag  Lauer Sa Nov 03, 2012 11:37 am

Lauer zeigt sein wahres Gesicht. Lauer ist ein miesepetriger schwerfälliger Mann, der sich einzig mit seinem Ausguss an schwachen Nerven agil zeigt. Hier sitzt er zwischen Steinen und ärgert sich, jetzt, wo er sich dem Ursprung seines Unortes bewusst wurde. Er lag die ganze Zeit vor seinen Augen, jederzeit zum greifen nah. Und er, er war bereit Stein um Stein umzudrehen! Lauer raufte sich das Haar und ist dem Weinen nah.

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Beitrag  Lauer Sa Nov 03, 2012 12:23 pm

Er braucht Heimat, wie die Werbung verspricht. Es ist nicht so, dass Lauer aus lauter Dekadenz Schokoladenpudding von Emmi in seiner Tasche bei sich trägt, sondern am Kühlschrank, der wahlweise noch Käse anzubieten hatte, le Marcheral, der vor wenigen Stunden den letzten Geetreuen seines Regiments verlor. An einen Löffel hat Lauer nicht gedacht, aber Aludeckel sind zu vielerlei fähig. Lauer löffelt. Belädt sein Aluschiffchen schneller als jeder Hafenarbeiter. Der wasserbedrohliche Gefühlsausbruch hat sich in Wut gewandelt und die grollt unter dem Laubbedeckten Boden. Es sind die Wurzeln, die Lauer unter der Erde schlägt und den Wald knistern lassen, wie eine Chipstüte.

Ich habe den Ort gefunden, der für mich nicht ist. Er ist der Anfang vom Ende, das Ende vom Anfang, er ist der Gegensatz schlechthin. Ich möchte ihn zerschlagen und ...anbeten. Er enttäuscht mich, er erfreut mich, er trägt mich und lässt mich fallen. Zwischen den grauen Stämmen in feuchter Wildnis, den verkrümmten Blättern, dem Chaos von Pollock, wachsen glattgemeisselte obskure Gestalten. Ihre klar strukturierten Formen sind von harter geometrischer Brutalität, schmerzen wie Fremdkörper unter der Haut, stören wie Fliegen auf dem Butterbrot und sind so schön, so weich, so rund, dass ich sie streicheln, nein - mich anschmiegen möchte, spüren, wie sie sich anfühlen, in den Innenflächen meiner Hände, an meinen Wangen, an meinem Körper.

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Beitrag  Lauer Sa Nov 03, 2012 12:54 pm

"Wissen sie, es gibt tolle Geschichten aus Sünikon. Zum Beispiel die Geschichte der Ruine vom Pflasterbach, dessen Wasser frisch und trinkbar aus der nahen Quelle in eine über die Jahrhunderte verkalkte Rinne fliesst. Da oben, die Lägern hinauf Richtung Regensberg, am alten Pilgerweg zu Einsiedelns Maria Pflasterbach, ruht sie in unspektakulären steinernen Grundrissen. Unter den Freiherren Regensberg, im mittelalterlichen Zürichgau erblüht, als wohlhabende Mariawallfahrt - eine Liebfrauenkirche um dem Fegefeuer zu entkommen. Oder die Geschichte von Diesen-Hans, der nur mit einem Auge schlief, weil er die Barriere des Bahnübergangs, bis zu ihrer Automatisierung, von Hand kurbelte. Die Kinder fürchteten sich auch noch in seinem betagten Alter vor ihm, weil er auf dem Mauervorsprung sass und unheimlich in die Leere starrte."

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Beitrag  Redaktio Sa Nov 03, 2012 1:48 pm

Da, um 4 Uhr da?

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Beitrag  Lauer Sa Nov 03, 2012 1:53 pm

Stein für Stein hat sich der Unort aufgebaut. Der Stein hat Lauer in den Wahnsinn getrieben. Der Ursprung, der Ort und Nicht-Ort unterscheidet. Sein Unort macht der Stein, wie er trennt und zusammenführt, schützt und im Stich lässt, Heimat bedeutet, oder Fremde, Schönheit, Hässlichkeit, fast immer ungesehen im Hintergrund. Er zeichnet die Grenzen, er wird als Mahl beweint, er mordet als Geschoss und hält die Wurzeln der Bäume fest. Er ist die langweilige Monotonie der Industrie, das heimelige Zuhause und die Kunst in der Galleria dell’Accademia in Florenz. Die ganze Zeit lag der Unort zu Lauers Füssen. Er ist auf ihm gesessen und ist auf ihm gegangen, hat ihn gesehen und gespürt, und nach dem Regen, vergangene Nacht, hat er seinen Petrichor gerochen - und er hat ihn nicht bemerkt, David, den Stein, den Ursprung all seiner Unorte, die unbemerkt in ihrer gegensätzlichkeit schlafen.


~ Lauerer lauert nun fort - er hat genug von Unorten, geht jetzt an einen Ort, der den Unort in sich trägt.

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Beitrag  Lauer Sa Nov 03, 2012 1:56 pm

..wird auf Louis lauern.


Lauer
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Beitrag  Redaktio Sa Nov 03, 2012 2:13 pm

Doch aufgepasst, lauer Lauerer, auch Louis gehört zu den verbannten Zyklopen, die Waffen und Blitze schmieden in Vulkanen, die sie auf die Zimtländer schleudern. Troglodyten wohnen nicht weit von der Insel Meroe und den beiden Flüssen Astapus und Astaboras. Es sind utopische Orte, die der einäugige Louis beschreiben wird, eines Tages, vielleicht...

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